Alpen 2005

Erstens kommt es anders und zweitens als man denkt. Wochenlang habe ich diesen Motorrad-Urlaub geplant. Es sollte einmal quer durch die Alpen gehen: von Slowenien bis an die Cote d’ Azur, insgesamt 7.000 km in 14 Tagen. Unterkunft im Zelt und vor allem: zum ersten Mal alleine unterwegs. Nach langer Planung steht dann endlich die Route fest, die Campingplätze sind rausgesucht und am 20. August, einem Samstag, soll es um 6 Uhr losgehen. Zu dem Zeitpunkt bin ich noch optimistisch, die geplante Tour auch fahren zu können, obwohl der Wetterbericht für die Alpen nicht gut aussieht. Was “nicht gut” genau bedeutet, werde ich in den nächsten Tagen dann erleben.

Rein in den Regen, raus aus dem Regen

Tag 1

Da mein Mopped bereits fertig gepackt in der Garage steht, kann ich mich nach dem Frühstück pünktlich um 6 Uhr auf den Weg machen. Die Route führt zunächst entlang der deutsch-belgischen Grenze nach Luxemburg. Bei einem Spritpreis von rund 0,30 € unter dem in Deutschland wird die GS in Wasserbillig randvoll gefüttert. Weiter geht es an der Mosel entlang bis Schengen. Es gibt zwar bestimmt schöne Routen durch die Region Saarlouis/Saarbrücken, aber leider habe ich diese noch nicht gefunden. Also fahre ich bis Saarbrücken auf der Autobahn. Dann geht es auf Landstrassen durch das Elsass in Richtung Strassburg. Der Col de Saverne ist der erste offizielle Pass dieses Urlaubs. Südlich von Strassburg überquere ich den Rhein.

Das nächste Zwischenziel ist Niedereschach, wo ich bei Touratech noch ein paar Sachen einkaufen muss. Um noch vor Ladenschluss dort anzukommen, nehme ich den direkten Weg, der im Schwarzwald in der regel ziemlich kurvig ist. Nach dem Stopp bei Touratech steuere ich das Allgäu an. Um den Verkehr am Bodensee zu umfahren, wähle ich eine nördlichere Route in Richtung Immenstadt. Hinter Fischen überquere ich den Riedbergpass, den mit 1.420 m höchsten Pass Deutschlands.

Nach einem kleinen Stück durch Österreich quartiere ich mich wie geplant im Gasthof Adler in Aach bei Oberstaufen ein. Das Essen ist wie immer hervorragend, das Zimmer das gleiche wie bei meinen bisherigen Übernachtungen im Adler. (Nachtrag: Leider ist der Adler inzwischen geschlossen.)

Tag 2

Die Vorhersage hat Regen abgekündigt. Zu meiner Überraschung ist es zwar bewölkt, aber trocken. Ich bin also weiterhin optimistisch, meine geplante Tour fahren zu können. Kurz vor 9 Uhr geht es los. Der Bregenzerwald ist in Wolken gehüllt und auf der Auffahrt zum Hochtannbergpass beginnt es dann zu regnen, sodass ich meine Regenklamotten anziehe. Auf der Passhöhe mache ich nur eine kurze Pause zum Fotografieren. Über Warth steuere ich den Flexenpass an. Auf dem Weg dahin wird der Regen stärker. Auch auf dieser Passhöhe gibt es nur eine kurze Fotopause. Bei der Abfahrt erwische ich gerade noch das Ende der 15 minütigen Grünphase der Baustellenampel.

Den geplanten Abstecher zur Silvretta-Hochalpenstrasse spare ich mir angesichts des schlechten Wetters. Also nehme ich den kurzen Weg über den Arlbergpass in Richtung Landeck. Trotz des Regens mache ich einen kleinen Umweg über die Piller Höhe. Aber aufgrund der Wolken über und unter mir ist von der sonst tollen Aussicht nichts zu sehen. Über Wenns geht es nach Imst.

Eigentlich sollte der Weg über das Hahntennjoch weitergehen. Aber aufgrund des schlechten Wetters und des per Handy abgerufenen Wetterberichts beschliesse ich, meine Planung über den Haufen zu werfen. Per Telefon bekomme ich den Hinweis, dass es überall in den Alpen regnet. Gutes Wetter gibt es aktuell nur in den französischen Alpen. Also wird kurzerhand eine Route über die Zentralschweiz nach Frankreich geplant.

Diese neue Route führt zurück nach Landeck und dann am Inn entlang ins Unterengadin. Es regnet immer noch, und ich ahne noch nicht, dass die ganze Region in ein paar Tagen mit Überschwemmungen und Erdrutschen zu kämpfen haben wird. Um ins Rheintal zu gelangen wähle ich den Flüelapass, da ich ihn im Gegensatz zum Albulapass noch nicht kenne. Auf der Passhöhe ist die Schneegrenze sehr nah gekommen. Dementsprechend kalt ist es dort oben. Erst in Davos werden die Temperaturen wieder angenehmer. Über Thusis und Bonaduz erreiche ich die Rheinschlucht bei Ilanz und einige Kilometer später die Hauptstrasse zum Oberalppass (2.040 m).

Da es immer noch regnet, steuere ich in Andermatt das Hotel Bergidyll an, das ich schon von einer Tour 2002 kenne. Zum Glück ist noch ein Zimmer frei. Mit der Hoffnung auf besseres Wetter gehe ich ins Bett.

Tag 3

Am Morgen regnet es immer noch. Daher habe ich einige Mühe, mich zum Aufbruch zu motivieren. Nach einem ausgiebigen Frühstück mache ich mich dann doch auf den Weg. Irgendwo in Richtung Frankreich muss das Wetter ja besser werden. Vielleicht sieht es ja schon auf der anderen Seite des Furkapasses besser aus. Nach der Auffahrt, die sich bei dem Regen als etwas rutschig erweist, stehe ich auf der Passhöhe im Nebel. Vom Rhonegletscher ist bei der Abfahrt dann auch nichts zu sehen. Erst in Gletsch wird die Sicht wieder besser und der Regen wärmer.

Die Fahrt durch das verregnete Rhonetal macht relativ wenig Spass und auch der Grosse St. Bernhard bietet wenig Fahrspass. Auf der Strasse Richtung Aosta ist ziemlich viel Verkehr. Das ändert sich, als ich vor dem Tunnel den Weg über die Passhöhe wähle. Ausser mir ist nur noch ein Wohnmobil auf dem Weg durch Nebel und Regen nach oben. Am Grenzübergang nach Italien ist die Sicht gleich null. Bei der Fahrt hinunter nach Aosta hört dann plötzlich der Regen auf und die Sonne kommt raus. Endlich Gelegenheit, mich ein wenig aufzuwärmen. Aber bereits auf der Fahrt durch das Aostatal Richtung Mont Blanc setzt der Regen wieder ein.

Auf dem Weg hinauf zum Kleinen St. Bernhard wird der Regen wieder stärker und der Nebel wieder dichter. Kurz vor der Passhöhe beträgt die Sichtweite knapp 10 m. Wegen Nebel und einem dauerhaft beschlagenen Visier ist nicht viel mehr als Schritttempo möglich. Dank der Anzeige im Navi tauchen wenigstens keine überraschenden Kurven auf. Von der Passhöhe kann ich aber weder ein Schild noch sonst irgendetwas erkennen. Erst im Tal wird die Sicht wieder besser.

Nachdem ich die Grossbaustelle in Val d’ Isere hinter mir habe, erfüllt sich auch auf dem Col de l’ Iseran die Hoffnung auf Sonne nicht. Es ist bereits später Nachmittag und wenn der Regen heute nicht aufhört, muss ich mir wohl eine Unterkunft in einem Hotel suchen. Zeltaufbauen im Regen – nein danke!

Während es bei der Auffahrt zum Col du Mt. Cenis noch in Strömen regnet, kommt auf der Passhöhe plötzlich die Sonne raus. Im Susatal zeigt mein Thermometer dann schon knapp 30 Grad. Nach 2 Tagen Dauerregen bei rund 10-15 Grad durchaus angenehm. Die restlichen Kilometer über die Grossbaustelle des Col du Montgenevre vergehen dann verhältnismässig schnell.

In Briancon angekommen steuere ich den Campingplatz Camping 5 Vallees, wo ich im vorigen Jahr schon ein paar Tage war, an und baue mein Zelt auf. Zum Abschluss des Tages mache ich noch einen Besuch in der örtlichen McD-Filiale.

In den französischen Alpen

Tag 4

Am Morgen ist der Himmel wolkenlos. Also halte ich mich erst gar nicht mit solchen Nebensächlichkeiten wie Frühstück auf. Bereits kurz nach 8 sitze ich auf der GS. Die heutige Tour habe ich mir unter der eiskalten Dusche überlegt. Durch Briancon fahre ich in Richtung Col d’ Izoard. Die Sonne ist noch hinter den Bergen und es ist ziemlich kalt. Die gut ausgebaute Strasse führt in zahlreichen Kurven hinauf zur Passhöheund ebenso kurvenreich anschliessend wieder hinunter. Ein unerwartetes Highlight ist die Schlucht Combe de Queras, durch die die Strasse nach Guillestre führt.

Weiter geht es dann südwärts über den Col de Vars. Landschaftlich ist er eher langweilig, aber kurventechnisch macht er eine Menge Spass. In Vars sehe ich gerade noch rechtzeitig die Rennleitung am Strassenrand und passe mein Tempo an. Im Kurvenrausch habe ich glatt das Ortsschild übersehen.

Entlang des Ubaye komme ich nach Jausiers, wo die Strasse Richtung Bonette abzweigt. Die Strasse ist relativ stark befahren, sodass der Fahrspass etwas getrübt ist. Irgendwie scheint heute jeder auf den höchsten asphaltierten Pass der Alpen fahren zu wollen. Nach einem kurzen Stopp am Col de Restefond fahre ich weiter zur Cime de la Bonette. Trotz der schweisstreibenden Erfahrungen aus dem Vorjahr klettere ich auch dieses Mal auf den 2.802 m hohen Hügel. Der Ausblick von da oben ist einfach klasse.

Über den Col des Granges fahre ich dann wieder talwärts. An einer ruhigen Stelle am Tinee-Ufer wird dann eine kleine Mittagspause eingelegt. Den Abzweig in Saint-Sauveur in Richtung Col de la Couillole verpasse ich prompt und muss wenden.

Die Strasse zum Couillole ist schmal und führt durch mehrere kleine Tunnel und zahlreiche Kurven. Die Passhöhe auf 1.678 m Höhe lohnt eigentlich nicht mal für ein Foto. Auch der weitere Weg nach Beuil ist eher unspektakulär. In Beuil gibt es übrigens die einzige Tankstelle im Umkreis von 30 oder 40 km.

Die Strasse durch die für ihre tiefroten Felswände bekannte Cians-Schlucht ist sehr gut ausgebaut. Leider wurde die Strasse mit mehreren Tunneln begradigt. Die oft noch erkennbare alte Trasse wäre für Motorradfahrer die interessantere Variante. Trotzdem ist die Fahrt durch die Schlucht ein Erlebnis. Die Nähe zur Cote d’ Azur ist gut an den Temperaturen jenseits der 30 Grad spürbar. Entlang des Var komme ich zur Daluis-Schlucht, die ebenfalls grösstenteils aus dunkelroten Felswänden besteht. Die Daluis-Schlucht ist jedoch breiter als die Cians-Schlucht und daher landschaftlich etwas weniger reizvoll. Die Strassenführung ist aber absolut genial. Die Fahrbahn nach Norden führt meist direkt am Abgrund entlang, während die Gegenfahrbahn die zahlreichen Kurven durch kleine einspurige Tunnel abkürzt.

Weiter dem Var folgend steht jetzt der Col de la Cayolle auf dem Plan. Die Südrampe ist nicht ganz so schön wie die teilweise durch eine Schlucht verlaufende Nordrampe. Dafür ist im Süden der Strassenzustand deutlich besser. Mittlerweile ist es schon relativ spät. Also wähle ich den kürzesten Heimweg über den Col de Vars.

Ab Guillestre nehme ich dann die Hauptstrasse nach Briancon. Zum Abendessen nochmal kurz zum McD und gegen 19 Uhr Uhr bin ich wieder auf dem Campingplatz.

Tag 5

Auch an diesem Morgen ist bestes Wetter, sodass ich schon auf dem Motorrad sitze, als der grösste Teil der Campingplatzbewohner noch friedlich schlummert. Die Tour für diesen Tag habe ich mir am Vorabend am Laptop zusammengestellt. Der erste Pass soll der Col du Lautaret sein. Die rund 700 Höhenmeter von Briancon aus fallen auf der sehr gut ausgebauten und stark befahrenen N91 kaum auf. Landschaftlich reizvoll sind die südlich gelegenen schnee- und eisbedeckten Gipfel des Parc National des Ecrins. Der Passhöhe des Lautaret wird überragt vom 3.983 m hohen Massif du Soreiller.

Auf der Passhöhe zweigt die D902 zum Col du Galibier ab. Die Strasse führt zunächst in wenigen Kehren bis zum Eingang des einspurigen Scheiteltunnels, durch den man die Passhöhe umgehen kann. Ab hier führt die Strasse in wenigen kleinen Kehren bis hinauf zu Passhöhe. Bei gutem Wetter tummeln sich Unmengen Radfahrer auf dem kleinen Parkplatz auf der Passhöhe. Die Abfahrt nach Norden führt wieder durch einige kleine Kehren zum anderen Ende des Scheiteltunnels. Im weiteren Verlauf der Strasse wechseln sich teilweise enge Kehren mit weiten Kurven und längeren Geradeaus-Passagen ab, wodurch die Fahrt sehr abwechslungsreich wird. Hinter Valloire wird die Route dann eher langweilig, da sie meist gradlinig bis zum Col du Telegraphe führt. Dann jedoch schlängelt sich die Strasse in gut ausgebauten Kurven durch den Wald hinunter nach St.-Michel-de-Maurienne.

Parallel zur Autobahn führt meine Tour dann nach Hermillon, wo ich die Strasse nach Montvernier nehme, um von dort die Montvernier-Serpentinenstrasse zurück ins Tal zu nehmen. Diese kleine Strasse überwindet die 300 Höhenmeter in 18 engen Kurven an einem steil abfallenden Hang.

Von La-Chambre führt mich mein Navi dann über die kaum befahrene D76 in Richtung Col de la Madeleine. Den Abzweig der Hauptstrasse habe ich irgendwo übersehen, was sich aber als durchaus positiv herausstellte. Erst in Longchamp komme ich wieder auf die Hauptstrasse und erreiche kurz darauf die stark besuchte Passhöhe. Die Strasse hinunter ins Isere-Tal ist dann wieder ziemlich schmal, aber auch wenig frequentiert.

Auf der Schnellstrasse komme ich schnell über Moutiers nach Bourg-Saint-Maurice. Von hier aus geht es, dieses Mal bei gutem Wetter, rauf in Richtung Iseran. Im Grossen Alpenstrassenführer von H. Denzel war mir ein Abstecher namens Sassiere aufgefallen, den ich unbedingt mal ausprobieren will. Die Strasse zweigt am Lac du Chevril links ab und windet sich hinauf bis zum Eingang eines landschaftlich schönen Talkessels in rund 2.300 m Höhe, wo die Weiterfahrt von einer Schranke versperrt ist. Von dort hat man übrigens einen tollen Ausblick auf das Skigebiet rund um Tignes.

Wieder zurück auf der Hauptstrasse fahre ich dann die gleiche Strecke wie zwei Tage zuvor durch Val d’ Isere, wo diesmal glücklicherweise kaum Baustellenverkehr herrscht, zum Col de l’ Iseran. Bei trockenem Wetter macht die Fahrt doppelt soviel Spass. Auch der Rest der Tour entspricht dem letzten Teil der Anreise am Montag. Über den Col de Mt. Cenis nach Susa und dann nach endloser Warterei an der bereits bekannten Baustelle an der Auffahrt zum Col du Montgenevre erreiche ich kurz vor 20 Uhr Briancon.

Tag 6

Wenn man schon in der Gegend ist, sollte man auch, ein geeignetes Motorrad vorausgesetzt, die eine oder andere Schotterpiste aufsuchen. Da ich alleine unterwegs bin, beschränke ich mich allerdings auf Pisten, die ich schon kenne. Ich will mir nur mehr Zeit nehmen, als dies in einer Gruppe möglich ist.

Heute habe ich mich für die Assietta-Kammstrasse entschieden. Endurowandern ist also angesagt. Über den Col du Montgenevre und die dortigen Baustellen geht es zunächst zum Einkaufen und Frühstücken nach Susa. Gut gestärkt nehme ich dann den Colle delle Finestre in Angriff. Beim Übergang von Asphalt zu Schotter wird die Hälfte der Luft aus den Reifen gelassen, was die weitere Fahrt deutlich angenehmer gestaltet.

Die letzten Meter zur Passhöhe lege ich in den Wolken zurück, die inzwischen aufgezogen waren. Auf dem Pass ist dann aber nur noch Sonnenschein zu sehen. Nach kurzer Pause fahre ich auf der Asphaltstrasse weiter bis zum Beginn der Assietta-Kammstrasse. Über diese Strasse gibt es nicht viel zu erzählen: etwas über 30 km lang, Verlauf zwischen 2.000 und 2.500 m Höhe, tolle Aussicht und mit ein wenig Übung gut zu fahren. Nach zahlreichen Pässen wie Colle del Assietta, Col Lauson und Colle Bassett erreiche ich in Sestriere wieder asphaltierte Strassen.

Wegen der immer wieder durchziehenden Wolken verzichte ich darauf, den Jafferau oder den Sommeiller anzugehen. Da ich nicht schon wieder die Staus am Montgenevre geniessen will, wähle ich die Route über Cesana Torinese und Oulx nach Bardoneccia. Von dort führt eine gut ausgebaute Strasse in Richtung französischer Grenze und zum Col de l’ Echelle. Ab der unscheinbaren Passhöhe führt die Strasse ein weiten Kurven hinunter ins Vallee de la Claree und weiter nach Briancon.

Nach einer kurzen Stärkung bei McD mache ich von einen Abstecher zum Croix de Toulouse. Die Strasse führt zunächst mit einigen Kurven bis zum Ortsausgang. Von dort windet sie sich einspurig in sehr engen Kehren am Hang entlang bergauf. Der letzte Kilometer bis zum Aussichtspunkt ist dann locker geschottert. Am Endpunkt der Strasse hat man einen phantastischen Blick auf Briancon, der höchsten Stadt Europas. Nach kurzer Pause trete ich dann den Weg zum Campingplatz an.

Trotz der gemütlichen Fahrweise sorgten die Schotterpassagen dieses Tages für ein wenig Müdigkeit. Es wird nur noch kurz die Tour für den nächsten Tag geplant und dann geht es ab ins Zelt.

Tag 7

Auch heute möchte ich noch etwas Schotter unter die Reifen bekommen. Der Parpaillon hat mir im letzten jahr so gut gefallen, dass ich ihn unbedingt nochmal fahren will. Die am Vorabend geplante Route führt allerdings erstmal auf direktem Weg nach Guillestre, wo ich meiner GS  eine Dusche mit dem Hochdruckreiniger verpasse.

Weiter geht es dann zum Lac de Serre Poncon und an dessen Ostufer entlang nach Barcelonette und anschliessend hinauf zum Col de la Cayolle. Nach dem obligatorischen Halt auf der Passhöhe geht es dann ins Tal nach Saint-Martin. Hier zweigt die Strasse zum Col des Champs ab. Bis zur Passhöhe verläuft die Strasse überwiegend in weiten Kurven. Die Passhöhe ist eher unspektakulär. Ausser einem kleinen Parkplatz und einer Gedenktafel gibt es da nichts. Die Abfahrt nach Colmars führt überweigend durch Wald und bietet daher kaum Aussicht auf die Landschaft.

Im Tal nehme ich dann die Strasse zum Col d’ Allos. Nachdem ich nach einigen Kilometer den Ski-Ort La Foux d’ Allos hinter mir habe, schaue ich mir noch die Kehre an, in der ich mich vor 2 Jahren auf die Nase gelegt habe. Dank neuem Belag ist von dem damals ziemlich rutschigen Asphalt nichts mehr zu sehen. Kurz darauf erreiche ich die Passhöhe des Allos. Nach weiteren 16 km biege ich wieder ab in Richtung Col de la Cayolle. Dieses Mal folgee ich der D902 aber nur bis Bayasse.

Nach einigem Suchen finde ich die Schotterpiste, die grösstenteils knapp oberhalb der Baumgrenze in Richtung Col de la Moutiere führt. Nach rund 8 km erreiche ich die Passhöhe. Dann geht es weiter zum Col de Restefond und hinab nach Jausiers.

Von La Condamine-Chatelard aus nehme ich den Col du Parpaillon in Angriff. Die ersten 5 km sind noch alphaltiert, dann folgen 13 km Schotter bis zum Scheiteltunnel auf gut 2.600 m Höhe . Der Tunnelerweist sich in diesem Jahr als äusserst rutschig. Vorsicht ist angesagt. Die Schotterpiste bis Crevoux ist dann wieder einfach zu fahren. Ich befülle die Reifen wieder strassengerecht und ich fahre auf einigermassen direktem Weg nach Briancon zurück.

Ein kurzer Informationsaustausch mit der Heimat ergibt die Information, dass das Wetter in den französischen Alpen schlechter werden soll. Dafür sieht es in der Schweiz schon wieder ganz gut aus. Also beschliesse ich, am nächsten Morgen mein Zelt hier abzubrechen. Im Campingführer suchee ich mir einen Campingplatz in der Nähe des Oberalppasses aus. Ein Anruf dort ergibt, dass der Campingplatz das Unwetter gut überstanden hat. Eine entsprechende Route ist schnell geplant. Nachdem alles eingepackt ist, was nicht mehr benötigt wird, geht es früh in den Schlafsack.

Tag 8

Am Morgen sind einige dicke Wolken aufgezogen und während ich unter der eiskalten Dusche (nie wieder als erster auf ‘nem Campingplatz duschen) stehe, prasselt draussen ein Regenschauer nieder. Zum Glück bin ich schon um 6:30 Uhr aufgestanden und meine Sachen sind bereits alle verpackt. Ausgecheckt habe ich bereits am gestern Abend. So mache ich mich gegen 7:30 Uhr auf den Weg.

Über Col du Lautaret, Col du Galibier und Col du Telegraphe geht es zügig ins Marienne-Tal. Der dann folgende Abstecher über Col du Mollard, Col de la Croix de Fer und Col du Glandon lohnt sich angesichts des immer schlechter werdenden Wetters nicht wirklich. Bei gutem Wetter kann diese Strecke aber durchaus Spass machen. Den Col du Mollard entdecke ich nur durch Zufall, weil die Hauptstrasse zum Col de la Croix de Fer kurz hinter St. Jean-de-Maurienne gesperrt ist.

Um ein wenig schneller voran zu kommen wechsle ich auf die Autobahn. Der Zeitgewinn ist mir die paar Euros wert, da die Landschaft nicht mehr sonderlich reizvoll ist. Ab Albertville geht es dann mangels Autobahn wieder auf der Landstrasse weiter. In Megeve wird dann in der dortigen McD-Filiale das ausgefallene Frühstück mit dem Mittagessen kombiniert.

Mittlerweile sind die Wolken so zahlreich, dass ich bei meiner Fahrt über Chamonix kaum etwas von Europas höchstem Berg, dem Mont Blanc, erkennen kann. Den Col des Montets bemerke ich nur, weil die zunächst leicht ansteigende Strasse plötzlich wieder leicht abfällt. Aha, oben war also der Pass.

Zurück in der Schweiz

Wenige Kilometer weiter überquere ich die Grenze zur Schweiz. Den Abstecher zum Lac d’ Emosson lasse ich aus. Es ist mittlerweile 13:30 Uhr und ich habe noch rund 230 km vor mir. Der Col de la Forclaz ist zwar nur wenig höher als der Montets, hat aber anständige Kehren und deutlich ansteigende Rampen. Von den Kehren oberhalb Martigny hat man einen tollen Blick auf das Rhonetal.

Die nun folgende Fahrt durch das Rhonetal ist wieder erwartungsgemäss langweilig. Spannend ist nur das Wetter, da die Wolken immer dunkler werden. Auf dem Weg zum Furkapass kreuzt ein Zug der dampfbetriebenen Furka-Bergstrecke meinen Weg. Gute Gelegenheit für ein paar Fotos. Kurz nach der Furka-Passhöhe beginnt dann der befürchtete Regen. Ich möchte aber nicht schon wieder im Hotel Bergidyll in Andermatt absteigen, sondern zelten. Und bisher ist es nur Nieselregen.

Also schnell über den Oberalppass. Leider sieht es dahinter auch nicht besser aus. Bei der Fahrt durch Disentis fällt mir die Werbung eines motorradfreundlichen Hotels auf. Und der Regen wird immer stärker. Der Campingplatz muss warten. Bei dem Wetter ziehe ich ein trockenes Hotelzimmer vor. Also fahre ich zurück nach Disentis und finde das zur gesehenen Werbung gehörende Hotel Alpsu, wo man auch noch ein Zimmer für mich frei hat.

Nachdem das Motorrad in der Garage untergebracht ist und ich unter der Dusche wieder aufgewärmt bin, begebe ich mich hinunter ist Restaurant. Nach mehreren Tagen Fastfood lasse ich mich auch von den Schweizer Preisen nicht vom Schlemmen abhalten. O.k., die Übernachtung mit Abendessen und Frühstück kostete mehr als die 5 Tage vorher auf dem Campingplatz, aber das ist es mir wert. Als ich später vollgefressen im Bett liege regnet es draussen immer noch.

Tag 9

Auch am Morgen regnet es. Ich spiele schon mit dem Gedanken, meinen Aufenthalt im Alpsu einen Tag zu verlängern. Der Wetterbericht im Fernsehen sagt aber besseres Wetter in Tagesverlauf voraus. Nach dem Frühstück hat dann der Regen aufgehört. Also packe ich alles ein, in der Hoffnung, am Abend zelten zu können.

Zunächst plane ich, die grossen Pässe in Richtung Engadin unter die Räder zu nehmen. Aber nach wenigen Kilometern werden die Wolken immer dunkler und als es dann anfängt zu regnen wird umgeplant. Regen hatte ich in diesem Urlaub schon genug.

Quasi direkt vor meiner letzten Unterkunft geht es rauf zum Lukmanierpass. Zunächst geht es durch eine enge Schlucht mit kleinen Tunneln. Dann verläuft die gut ausgebaute Strasse an der Bergflanke entlang bis zum Stausee an der Passhöhe. Hier wird das Wetter schlagartig besser. Auf dem Weg nach Bellinzona ist dann keine Wolke mehr zu sehen.

Kurz vor Bellinzona biege ich links ab ins Valle Mesolcina. Zunächst verläuft die Strasse zur Schnellstrasse, die dann später im knapp 7 km langen Tunnel verschwindet. Die Passstrasse windet sich dann in Richtung Passhöhe. Leider wird hier das Wetter wieder schlechter. Die Passhöhe des San Bernardino lädt bei gutem Wetter mit ihrem kleinen See zu einer Pause ein. Die dichten Wolken über mir laden aber eher zur Weiterfahrt ein.

In Splügen zweigt die Strasse zum gleichnamigen Pass ab. Mehrere Gruppen enger Kurven und wenig Verkehr machen die Fahrt zum Vergnügen. An der Zollstation auf der Passhöhe ist schon wieder das bessere Wetter im Süden zu erkennen. Bis es wieder wärmer wird dauerte es aber noch ein paar Kilometer. Bei der Abfahrt vom Splügen hat man die Wahl zwischen der gut ausgebauten SP41 und der schmalen, durch teilweise einspurige Tunnel und enge Kehren verlaufende SS36. Ich wähle die SS36. Leider habe ich keine Stelle gefunden, den imposanten Strassenverlauf zu fotografieren.

Von Chiavenna aus fahre ich wieder in Richtung Schweiz. Über den Maloja-Pass erreichte ich die Oberengadiner Seen. Nach einer kurzen Pause in St. Moritz ging es dann weiter nach La Punt. Da ich bei meiner geplanten Weiterfahrt nach Tirol zwei Tage später über den Julierpass fahren möchte, steht an diesem Tag der Albulapass auf dem Plan. Von La Punt aus erreiche ich nach 9 km die Passhöhe in 2.312 m Höhe. Im Gegensatz zu den 600 m Höhendifferenz auf der Südseite beträgt diese auf der Nordseite ca. 1.300 m bis Filisur. Besonders imposant sind auf dieser Strecke die allgegenwärtigen Brückenbauwerke der Rhätischen Bahn.

Über Tiefencastel und Thusis nehme ich dann wieder die schmale Strasse oberhalb der Rheinschlucht, um ins Vorderrheintal zu gelangen. In Trun finde ich dann problemlos den gesuchten Campingplatz, wo ich mir ein schattiges Plätzchen unter den zahlreich vorhandenen Bäumen suche. Nach dem Abendessen im Restaurant auf dem Platz und einem anschliessenden Spaziergang geht es dann früh ins Bett bzw. in den Schlafsack.

Tag 10

Am Morgen ist der Himmel wolkenlos und ich mache mich um 8:30 Uhr auf den Weg. Heute möchte ich die grossen Alpenpässe der Zentralschweiz abgrasen. Leider machen mir die Folgen des Unwetters einen kleinen Strich durch die Rechnung. Gestern Abend habe ich in der Zeitung gelesen, dass sowohl Susten- als auch Grimselpass nur bis zur Passhöhe zu befahren sind. Der Weg ins Haslital nach Meiringen ist wegen Erdrutschen über beide Übergänge nicht möglich.

Aber zunächst muss mal wieder der Oberalppass überquert werden. Von Andermatt fahre ich dann in die Schöllenen-Schlucht. Beim Versuch, ein Foto zu schiessen, passiert mir dann ein kleines Missgeschick, als ich versuche, mein rund 270 kg schweres Motorrad mit dem kleinen Finger (die anderen hielten den Fotoapparat) zu halten. Ich schaffe es zwar, die GS nicht abzulegen, aber der Finger zeigt seinen Unmut durch starke Schmerzen. Trotzdem setze ich die Tour fort. Motorradfahren geht eigentlich ganz gut, nur das Ziehen der Kupplung bereitet starke Schmerzen.

Auf dem Sustenpass steht dann die erwartete Strassensperre. Nach einer kurzen Überlegung, diese eventuell zu übersehen, entscheide ich mich, erstmal meine Hand in einem Bach zu kühlen. Dann fahre ich doch wieder zurück. Als nächstes mache ich einen Abstecher auf die Göscheneralp, einem Talschluss mit einem Stausee und gletscherbedeckten Bergen.

Wieder zurück in Andermatt führt die Route über den Furkapass. Zum dritten Mal in diesem Urlaub, aber endlich bei gutem Wetter. Nach dem obligatorischen Foto vom immer kleiner werdenden Rhone-Gletscher fahre ich weiter nach Gletsch. An der Abzweigung zum Grimsel steht wie erwartet das Hinweisschild, dass die Fahrt in Berner Oberland nicht möglich sei. Trotzdem nehme ich die 6 Kehren bis zur Passhöhe in Angriff. Auf der Passhöhe ist genauso wenig los wie auf dem Susten. Da die Fahrt zum Oberaarsee erst in einer knappen Stunde wieder gestattet sein wird, verzichtete ich auf diesen Abstecher und fahre zurück nach Gletsch und weiter nach Ulrichen.

Die Fahrt zum Nufenenpass wird durch zahlreiche Baustellen behindert, da dort eine neue Hochspannungsleitung gebaut wurde. Auch auf der Passhöhe  herrscht rege Bautätigkeit. Mittlerweile wird das Wetter wieder schlechter, sodass ich schnell Airolo ansteuere. Ich hatte wenig Lust wieder nass zu werden. Für die Fahrt über den St. Gotthard möchte ich die Tremola, die alte Passstrasse nehmen. Nach ein wenig Sucherei in Airolo finde ich sie dann auch. Die gepflasterte Strasse mit Ihren engen Kehren muss man einfach mal gefahren sein. Mittendrin kommt mir dann eine 5-spännige Postkutsche entgegen. Auf der Passhöhe ist ziemlich viel Betrieb, sodass ich schnell weiter fahre und der alten Strasse so weit wie möglich folgte. Aber irgendwann geht es nur auf der neuen Strasse weiter.

Von Andermatt muss ich mal wieder über den Oberalppass, um zu meinem Campingplatz zu gelangen. Obwohl der Finger stark schmerzt, habe ich die Hoffnung, dass es am morgen besser sein wird. Auf jeden Fall möchte ich morgen Trun verlassen und weiterziehen. Das Ziel der Etappe wird abhängig von der Besserung der Schmerzen sein.

Nach dem Essen packe ich schon mal die meisten Sachen zusammen. Mit dem verstauchten Finger ist das beim besten Willen kein Vergnügen. Und irgendwie ahne ich schon, dass der Urlaub nicht mehr allzu lange dauern wird.

Ab nach Hause

Tag 11

Nachdem ich am frühen Morgen mit starken Schmerzen mein Zelt verstaut habe, steht das Ziel des Tages fest: Aachen. Obwohl das Fahren noch möglich wäre, will ich an ein erneutes Aufbauen des Zeltes nicht einmal denken. Als die Rezeption des Campingplatzes öffnet, ist schon alles verstaut und nach dem Bezahlen der Rechnung mache ich mich kurz nach 8 Uhr auf den Heimweg. An einer Tankstelle erkundige ich mich nach dem Preis der Autobahn-Vignette. Da der mir aber mit mehr als 30 € deutlich zu hoch ist, plane ich den direkten Weg auf Landstrassen in Richtung Deutschland.

Bis zum Urner See lässt sich dieser Plan auch verwirklichen. Dann hindern mich Soldaten an der Weiterfahrt am Ufer des Vierwaldstättersees vorbei. Ohne es richtig zu bemerken bin ich in der Region gelandet, wo es bei dem Unwetter die meisten Schäden gegeben hat. Alle Landstrassen sind für Auswärtige gesperrt. Dafür darf die Autobahn ohne Vignette genutzt werden. Dies lasse ich mir nicht zweimal sagen und fahre bis Rheinfelden auf der Autobahn. Basel wollte ich eigentlich umfahren, landete dann aber doch aus Versehen im rechtsrheinischen Teil der schweizerischen Grossstadt.

Kurz darauf überquere ich die Grenze nach Frankreich und fahre an Colmar und Selestat vorbei nach Saverne. Der Col de Saverne ist dann der letzte Pass dieses Urlaubs. Die letzte Etappe ist dann eher uninteressant. Ich möchte jetzt einfach nur nach hause. Ab Saarbrücken geht es daher zunächst auf die Autobahn und dann ab Prüm über Hauptstrassen bis nach Walheim. Um 17:47 Uhr stehe ich nach insgesamt 4.944 km wieder zu hause in der Tiefgarage.

Abschliessend kann ich sagen, dass ein Urlaub alleine sehr viel Spass machen kann, da man keine Kompromisse eingehen muss und einfach das machen kann, wozu man spontan Lust hat. Und wenn man ein gutes Buch (und einen Laptop) dabei hat, kommt auch abends im Zelt keine Langeweile auf. Fazit: ich würde es jederzeit wieder machen!